Fotos: Jana Beyer
Endlich erwachsen?!
Ist das ein Wunsch, der euch schon mal durch den Kopf ging? Tja, im Theaterstück der „kleinen“ Theatergruppe „Herr der Diebe“ sollte dieser Traum mittels eines magischen Karussells wahr werden.
Aber von Anfang an: Nach dem Tod ihrer Mutter gelangen die beiden Jungen Prosper und Bo auf der Flucht von Hamburg bis nach Venedig, in die Stadt, von der ihre Mutter so viele wunderbare Dinge erzählt hatte. Prosper, gespielt von Enie-Felicitas Grieser, überzeugte mit einer authentischen und starken Darstellung des großen Bruders. Leah-Sophie Lehmann präsentierte den kleinen Bo belebend, wie auch besserwisserisch und widerspenstig gegenüber seinem großen Bruder. Die beiden Geschwister sind vor ihrer Tante Esther Hartlieb (Charlotte Pauling) geflohen, die die beiden trennen möchte. Eine bestimmende und alles in Aufruhr versetzende Charlotte Pauling begeisterte das Publikum, indem sie mit einer gewaltigen Kraft, der sich auch ihr Mann (Bill Heyer) nicht entziehen konnte, über die Bühne fegte. Das Ehepaar Hartlieb bleibt den Jungen auf der Spur und sorgt nun auch international für viel Wirbel. In Venedig finden die Geschwister letztendlich Unterschlupf bei einer Bande von Jugendlichen mitsamt ihrem geheimnisvollen Anführer, der sich selbst „Herr der Diebe“ nennt und die Bande mit Hilfe der Beute aus seinen Einbrüchen in die Palazzi der Reichen versorgt. Diese Beute wird dann an den gerissenen Barbarossa (Leon-Christian Rauch) verkauft, den man sich als dicken, rotbärtigen, älteren Mann mit kratziger Stimme vorstellen muss. Als Anführer - von seinen Anhängern Scipio genannt - erspielte sich Isaak Pilz von Szene zu Szene den Respekt von Zuschauern und Co- Schauspielern.
Ich ziehe meinen Hut vor Isaak, er spielte das erste Mal mit unserer Theatergruppe, als Sechstklässler, die Hauptrolle – den „Herrn der Diebe“- und dabei zeigte er eine überzeugende und unerschrockene Leistung, während er sich so manches Mal in Rage redete. Von Erwachsenen unbehelligt, leben die Kinder unter dem Schutz Scipios in einem alten verlassenen Kino. Ein Kompliment hier auch an die fantastische, fantasievoll gestaltete Kulisse und ihre Bauer Hubert Wutke und Leonhard Köhler. Die Diebesbande, gespielt von Chiara Tourneau, Ed Heyer, Tom Ulrich Börnicke und Theo Föhse, folgt Scipio treu und wagt sich im Laufe des Stückes sogar an einen eigeninitiierten Einbruch mit überraschender Folge. Man könnte diese ganze Bande also definitiv als verwegen, mutig, aber vorsichtig, schlau, aber leichtgläubig beschreiben, auf jeden Fall trafen viele verschiedene Charaktere aufeinander. Mit dem Dazustoßen Bo und Prospers wird dieser bunte Haufen noch mal durchgemischt und sorgte für viele Lacher. Esther und ihr Mann Max engagieren den Detektiv Victor Getz (Klara Stolze), um die beiden Jungen in der Lagunenstadt zu finden. Ich sage hier Glückwunsch an Frau Beyer, Frau Eckert und Frau Fischer, die dieses Stück wieder betreuten und diese hervorragenden Rollenentscheidungen trafen. Besonders die Rolle des witzigen und sympathischen Detektivs schien Klara wie auf den Leib geschnitten und daher perfekt gewählt. Der Detektiv - immer noch auf der Suche nach Prosper und Bo - stolpert dabei, von den Kindern überlistet, von einer Szene in die andere. Hierbei stößt er auch auf zwei köstlich unterhaltsame ältere Herrschaften, deren trotz ihres Alters noch beachtliche Kraft Victor später zu spüren bekommt - hervorragend präsentiert von Eric Liam Meinberg und Tina Kramersmeyer. Ein weiterer Zwei-Mann-Auftritt sorgte ebenfalls für Lacher, in dem die Polizisten (Bill und Bob), von Frau Hartlieb aufgestachelt, sich in einem Geschwisterkampf vom Feinsten gegenseitig die Show stehlen. Währenddessen erhält Scipio eines Tages einen äußerst lukrativen Auftrag: Für eine mysteriöse Contessa soll er das fehlende Teil eines magischen Karussells aus dem Hause der Fotografin Ida Spavento stehlen. Die Contessa, gespielt von Clara Winona Huacasi, tauchte jedes Mal in Schwarz, mit kalter, klarer Stimme auf und verkörperte etwas Geheimnisvolles. Der Einbruch ins Haus Spavento bringt eine Begegnung mit Elisabeth Domann im Morgenmantel und eine unerwartete Partnerschaft mit sich. Auf gemeinsamer Mission Richtung Isola Secreta schließen sich alle noch einmal zusammen (Detektiv, Fotografin und Bande), um das magische Karussell zu finden. Die Interaktion zwischen Klara und Elisabeth Domann schien hierbei so natürlich und dieses Duo sorgte noch öfter für ein schmunzelndes Publikum und Szenenapplaus. Auf der Isola Secreta sehen wir zwei neue Schauspieler und eine ganze neue Schauspielerkonstellation: Friedrich Helbig, diesmal nur kurz auf der Bühne, und Julia Flögel, unsere stimmgewaltige Leihgabe von der Grundschule, haben ihre relativ kurze Spielzeit bravourös gemeistert und sich auf jeden Fall wieder für das Stück im nächsten Jahr empfohlen. Unsere Karussell-Figuren lieferten ebenfalls eine beinah realistisch anmutende Performance ab. Ein Pärchen, das zur venezianischen Karnevalsstimmung erheblich beigetragen hat, soll an dieser Stelle auch nochmal gewürdigt werden: die zwei tanzenden Gestalten Annemarie Domann und Tina Kramersmeyer in den stimmungsvollen Kostümen von Katja Peuker und Vera Wagner. Auch ein großes Dankeschön an die Maskenbildnerin Hannelore Brückner, die für so manche Typveränderung sorgte. Ich möchte hiermit den kleinen und doch schon so großen Schauspielern für ihre großartige Performance auf der unerwartet großen Bühne in diesem Jahr danken!
von Dana Luisa Börnicke