Fotos: Jana Beyer
Masken, Tiere, Zauberei
„Erwachsene erinnern sich nicht mehr daran, wie es war, ein Kind zu sein. Auch wenn sie es behaupten. Sie wissen nichts mehr. Glaub mir. Sie haben alles vergessen.“ Auch Prosper und sein kleiner Bruder Bo müssen nach dem Tod ihrer Mutter diese Erfahrung machen. Die Geschichte zweier Waisenjungen in den Straßen Venedigs feierte am 24.03.2011 auf der Bühne des Metropols Premiere. Tatsächlich scheinen Tante Esther (beängstigend authentisch gespielt von Valentina Vleugels) und Onkel Max (Lukas Windirsch) sich nicht mehr an ihre Kindertage erinnern zu können, denn sie zeigen keinerlei Skrupel, die beiden Brüder (hervorragend: Antonia Zahm und Nastasja Rauch) voneinander zu trennen und nur den kleinen Bo zu adoptieren, um ihm wenigstens ein paar „Marnieren“ einzubläuen. Daraufhin fliehen die beiden nach Venedig, einer Stadt, die auf der Bühne so zauberhaft und detailreich dargestellt wurde, dass man beinahe glaubte, selbst dort zu sein. Eine Bande von Straßenkindern nimmt Bo und Prosper bei sich auf. Wespe (Patricia Götz), Riccio (Aicha Tafzi), Moska (Virginia Buhmann) und Luna (Caroline Koller) sind zu Recht stolz auf ihren Anführer, den Herrn der Diebe, gespielt von Nele Schumann, der ihnen aus den berühmten Palazzi der Reichen seine Beute mitbringt, die sie dann bei Barbarossa (Henriette Rostalski) einem Antiquitätenhändler verkaufen. Doch lange haben die Kinder nicht Zeit, sich an ihr neues Leben zu gewöhnen, das sich besser gestaltet, als sie es sich hätten träumen lassen. Tante und Onkel setzen ihnen den Detektiv Victor Getz auf die Spur, in dessen Rolle Robert Steinbach durch sein äußerst amüsantes Spiel brillierte. Trotz dieser Bedrohung kann sich der Herr der Diebe nicht zur Ruhe setzen. Er hat einen höchst interessanten Auftrag von einer Comtessa bekommen (gespielt von Svenja Otto). Es soll ein Gegenstand gestohlen werden, der angeblich nur für sie allein wertvoll ist. Sollte das Unterfangen tatsächlich gelingen, würde eine für die Kinder unvorstellbar hohe Geldsumme herausspringen. Unversehens werden sie von Ida Spavento (Johanna Beyer), der Besitzerin des zu stehlenden Gegenstandes mit hineingezogen in das Geheimnis um das zauberhafte Karussell, das schließlich den „kleinen“ Herrn der Diebe in einen „großen“ (Johannes Götz) verwandelt. Und das hat durchaus sein Gutes, denn der beeindruckende junge Mann befreit durch eine List den kleinen Bo aus den Krallen seiner Tante. So ihr Caroliner! Wer verpasst hat, sich im Theater verzaubern zu lassen, der muss sich jetzt mit den Bildern begnügen. Aber lasst euch gesagt sein: Das ist lange nicht dasselbe! Vielleicht bliebe zu überlegen, auch die „kleine“ Theatergruppe im großen Theater spielen zu lassen, denn ein derart tolles Bühnenbild und eine Vielzahl nicht minder toller Schauspieler (von denen viele hier noch gar nicht genannt wurden) können ihren wahren Zauber doch viel besser auf einer großen Bühne entfalten, oder? ©Sarah Lietz