Fotos: Jana Beyer
Von Helden und Schurken
„Das Märchen“ stand schlicht und einfach am 11.03.2010 auf den Theaterkarten. Das klingt doch schon mal vielversprechend! Auf den Prospekten, welche am selbigen Tag auf den Plätzen des Metropols auslagen, las man: „Theatergruppe des Gymnasiums Carolinum“ – noch ein Plus und ein weiterer Punkt auf der Liste der großen Erwartungen, die für diesen Abend imaginär erstellt und real in keiner Weise enttäuscht wurden. „Helden, Schurken und vieles mehr...“ stand auf dem Spielplan und bevor ich überlegen kann, was ich bei einem Stück mit diesem Titel noch auf meine Erwartungsliste setze, geht das Licht aus, die Musik beginnt und auf der Bühne erscheinen die kleine blonde Fee Fiona (Nastasia Rauch) und ihr dickköpfiger, blauhaariger Feenkollege Plumbum (Robert Steinbach), die dem jetzt schon amüsierten Publikum die nicht ganz so amüsante Ausgangssituation erklären. Die böse Königin Hilde Ingrimm (Svenja Otto) hat mit Hilfe ihres ebenfalls ziemlich bösen Gehilfen Polonius (Johanna Beyer) und ihrer schwarzen Diener (Michelle Stöhr und Jessica Wendel) die Macht in Kleintüfflingen an sich gerissen – und es standesgemäß in Ingrimanien umbenannt! Nachdem der Vorhang sich geöffnet und die Königin mitsamt Gefolge die Bühne betreten hat, kann jeder der Anwesenden den Ärger der beiden Elfen verstehen – was für eine märchenhaft böse Königin! Wie es sich gehört, geben sich märchenhaft böse Königinnen natürlich nicht mit dem zufrieden, was sie haben – eine Vergrößerung des Reiches muss her und so offenbart der sprechende Spiegel (Victoria Schulze) den „einfach genialen und genial einfachen Plan“ Großostheim zu annektieren. Gesagt getan – Polonius macht sich auf den Weg in das vom Unheil bedrohte Land und macht Bekanntschaft mit zwei der zukünftigen Untertanen, den Rentnerinnen Erna und Elfriede (Antonia Zahm und Vanessa Seebo), die beide so gar keine Lust auf die Ansprache des bösen Gehilfen haben! Außerdem noch unterbrochen von einem Zeitungsjungen (und der Souffleuse: Lara Hecke) bekommt man fast Mitleid mit Polonius, aber nur bis er die Entstehung von „Großhildesheim“ publik macht und die verängstigte Königsfamilie (König Alfred: Lucas Windirsch, Königin Fenja: Helena Rivera-Luna) der bösen Hilde Ingrimm übergibt. Einzig Prinzessin Katalin (Patricia Götz) kann fliehen. Zeitgleich findet eine Krisensitzung der Feen (Marie Lankau; Virginia Buhmann; Caroline Koller; Elena Stepanow und Jette Berger), Waldgnome (Lisa Eschner, Anna Scholz, Aischa Tafzi und Virginia Marie Brandes) und weiteren Einwohnern Großostheims (Wahrsagerin Saskia Beyer und Lisa Lemke alias Melolonta) statt, wo der Held „Kino der Große“ als Retter von der Besatzungsmacht auserkoren wird. Fiona und der mäßig begeisterte Plumbum werden auf die Suche nach dem Menschen hinter dem eindrucksvollen Namen geschickt und begegnen im Moor nicht nur der geflohenen Prinzessin, sondern auch den Schergen der bösen Herrscherin. Doch was wäre es für ein Märchen, wenn nicht der gesuchte Held (Nele Schumann) überraschend auftaucht und die Rettung gerne übernimmt – nur, dass der gesuchte Held gar nicht so leicht zu finden ist! Er stellt sich als „Robin Hood im Kleinformat“ heraus, als überraschend kleiner „großer“ Held, doch wer achtet in solchen Notsituationen schon auf Oberflächlichkeiten! Ausgeschlafen und gut trainiert soll es am Morgen losgehen und nachdem der Rettungstrupp dem verärgerten Gärtner (Henriette Rostalski) mithilfe einer Moderatorin (Valentina Vleugels) die wohlschmeckenden Äpfel abgeluchst hat, soll Großostheim endlich von der Königin befreit werden. Auf dem Rückweg durch einen Geheimgang ins Schloss wartet jedoch ein weiteres (amüsantes und originell kostümiertes) Hindernis – der hungrige, diätbelastete Drache „Herr Milchmann“ (Marius Gropp), der erst nach viel Überredung bereit ist, die vier unversehrt passieren zu lassen. Das Happy End lässt nicht lange auf sich warten: Der große Kino schlägt die böse Königin mithilfe des Spiegels und durch die beeindruckende Kraft der Reflexion wird die Königin von ihrem eigenen bösen Zauber zu Grunde gerichtet. Was habe ich gelernt? Das vereinigte, buntgemischte und mutige Gute siegt über die machthungrige, besitzergreifende und hinterhältige Monarchin – eine Hoffnung spendende Moral! Tja, was gibt es außerdem zu sagen? Wiedermal ein äußerst gelungener Nachmittag, wiedermal spielfreudige junge Schauspieler, wiedermal tosender Applaus! Erwartungsliste (erwartungsgemäß) mehr als erfüllt! ©Philine Lewek