Fotos: Jana Beyer

Applaus - Applaus

Als der lang anhaltende Applaus verklungen war, tickte ein kurzweiliger und höchst amüsanter Abend hinüber in die aufziehende Nacht. Die Theatergruppe unseres Gymnasiums hatte den begeisterten Zuschauern ein wohl gediegenes Betthüpferl mit auf dem Weg gegeben. Das Stück "Kratzbürstendressur" war so angelegt, dass man quasi auf drei Ebenen Theater erfahren und miterleben konnte. Eine tolle Idee. Die zwei Ebenen auf der Bühne waren so abgestimmt, dass die dritte, der Zuschauer im eigentlichen Theatersaal, immer wieder auf äußerst humorvolle Art und Weise an das Doppeltheater oben im Rampenlicht erinnert wurde. Christian Gutsche lallte unverhoffte witzige Gags ebenso gekonnt als Kommentar wie Bernd Wagner, der seine Stimme in den höchsten Tönen strapazierte. Petruchio, alias Robert Koch, überzeugte mit seiner tiefen klaren Stimme als Macho und "Frauenversteher", während Svenja Otto einen ganz starken Part als "Käthe" - Katharina darbot. Ihre Kreischtöne schwangen sich zu Sphären auf, durch die einst sicherlich der Urknall ausgelöst wurde. Ein ganz großes und herzliches Kompliment gilt aber auch allen anderen Darstellern, die durch ihre Schauspielkunst die oben namentlich genannten so wunderbar in Szene gesetzt haben. Der Einzelne kann nämlich immer nur so gut sein, wie die Mitspieler es gewährleisten und unterstützen. Und dennoch sei eine weitere Namensnennung gestattet: Sarah Gundlach. Wie soll man sie bezeichnen?

  • die personifizierte Komik?
  • die Zwerchfellattacke?

Mimik und Gestik bildeten eine Einheit - und diese Einheit ist flüssig: Komödiantenblut. Einen ganz herzlichen Dank für die Magisterrolle. 

Wieder werden wir ein Jahr warten müssen, bis die nächste Premiere unserer älteren Theatergruppe gefeiert werden kann. Einige von denen, die uns am Wochenende so begeistert haben, werden dann nicht mehr mit von der Partie sein, weil sie am Ende des Schuljahres unsere Carolinum verlassen werden. Ihnen wünsche ich schon jetzt eine herzliche Erinnerung an ihre Theaterzeit. Denen, die noch weiter schauspielern dürfen, wünsche ich tolle Rollen, ein rechtes Maß an Lampenfieber und Hals -und Beinbruch. Frau Trumpler-Schwitkowski und Frau Riesner wünsche ich weiter so gute Ideen und so ein gutes Fingerspitzengefühl.

Diesem Wunsch möchte ich aber meinen Dank für diesen wundervollen Abend voranstellen.

K. Reiter, 21.01.2012

Die Kratzbürste ist los!

Das Theater, so denkt man im Allgemeinen, ist doch ein recht sicherer Ort. Man sitzt gemütlich in seinem Stuhl im Zuschauerraum und verfolgt gespannt das Schauspiel auf der Bühne, genehmigt sich in der Pause noch ein Schlückchen, plaudert über diesen und jenen Schauspieler und spendet am Ende recht viel Applaus. Doch ganz so einfach war es dieses Mal nicht. Denn immerhin gab es auf der Bühne und gelegentlich auch im Zuschauerraum so einige Leute zu sehen, denen man im wirklichen Leben vermutlich lieber nicht begegnen möchte: völlig betrunkene Wirtshausgäste zum Beispiel, kratzbürstige Ehefrauen und Noch-nicht-Ehefrauen, hinterhältig gemeine, aber auch schmalztropfende Ehemännern und auch Ladys, die eigentlich Lords sind, Schauspieler, die nur Zuschauer waren, aber ja, doch irgendwie Schauspieler und noch eine ganze Menge mehr. Da ist es nicht verwunderlich, dass nicht nur die „Schauspielzuschauer“ auf der Bühne ihren Spaß hatten, sondern vor allem auch das echte Publikum.
Obwohl man, betrachtet man einmal nur die Aussage des eigentlichen Stückes, dieses Werk von Shakespeare getrost als veraltet und längst überholt in den Schrank stellen kann. Von wegen, die Frau muss dem Mann untertan sein und der Ehemann ist ihr König und sorgt für ihren Unterhalt, während sie ihm bedingungslos gehorcht, geht es nun um die Kleiderordnung oder sogar die Tageszeit. Aber glücklicherweise wurde ja nicht die ursprüngliche Zähmung der Widerspenstigen von William Shakespeare auf die Bühne gebracht, sondern eine an die heutige Zeit angepasste Variante, die dennoch das Stück an sich nicht verfälscht, sondern nur deutlich macht, dass die Machtverhältnisse zwischen Mann und Frau heute ganz anders liegen. Darum geht es nämlich hauptsächlich in diesem Stück. Für alle Pappnasen, die nicht im Theater waren, hier noch einmal eine kurze Inhaltszusammenfassung: Der Kesselflicker Christopher Sly wird im volltrunkenen Zustand von einigen Lords und Ladys aufgefunden, die gerade aus einer Theateraufführung kommen. Aus Jux beschließen sie, ihm vorzumachen, er sei ebenfalls ein Lord und sie seien seine ergebenen Diener. Einer der Lords in Frauenkleidern wird ihm als seine Gemahlin zur Seite gesetzt und gemeinsam sehen sie sich das Stück an, zu dem sie die Schauspieler, die sie eben schon in der Theateraufführung gesehen haben, überreden konnten: „Der Widerspenstigen Zähmung“. In diesem Stück wiederum versucht der reiche Edelmann Baptista (Markus Franke) verzweifelt, seine älteste und ziemlich zänkische Tochter Katharina (Svenja Otto) unter die Haube zu bringen, damit auch die jüngere Bianca (Laura Rose-Borsum), die liebe und brave Tochter, einen ihrer vielen Verehrer heiraten kann. Diese haben es schon beinahe aufgegeben, für die widerspenstige Katharina einen Mann zu finden, als plötzlich Petruccio (Robert Koch) auftaucht, der aus Verona gekommen ist, um möglichst reich zu heiraten. Er macht es sich zur Aufgabe, die Kratzbürste in ein Schmusekätzchen zu verwandeln, während Biancas Verehrer mit allen Mitteln um ihre Gunst kämpfen. Nach vielen Verwechslungen und Verwirrungen, während derer sich dieser für jenen ausgibt und jener wiederum für diesen, findet jeder schließlich am Ende seine Frau bzw. ihren Mann. Und Katharina, die einzige emanzipierte Frau in diesem Stück, wie es anfangs scheint, dreht sich um hundertachzig Grad und wird plötzlich zu einer unterwürfigen, gehorsamen Ehefrau. Glücklicherweise rückt nach Ende der Aufführung auf der Bühne die Putzfrau, die im Theater beim Wischen das Textbuch findet, das verschobene Frauenbild wieder gerade. Schließlich ist sie ja diejenige, die in diesem Falle für den Unterhalt ihrer Familie sorgt, und von Unterwürfigkeit hält sie berechtigter Weise auch nicht viel.
Zum Brüllen komisch gestaltete sich bei dieser Aufführung vor allem die Rahmenhandlung, der grandios gespielte Sly (Christian Gutsche) und seine nicht minder grandiose „Ehefrau“ (Bernd Wagner), die das Publikum von Zeit zu Zeit mehr einnahmen als die eigentliche Bühnenhandlung. Aber besonders eine der Ladys (Sarah Gundlach), die Hals über Kopf für einen krank gewordenen Schauspieler einspringen musste, ohne Text oder Stück auch nur ansatzweise zu kennen, und ihre hilfreiche Souffleuse (Neele Schumann) trieben so manchem Zuschauer im Publikum die Lachtränen in die Augen. Schade war hingegen, dass viele Zuschauer manche ihrer Freunde und Verwandten auf der Bühne nur für ein paar Sätze oder einige Minuten auf der Bühne sehen konnten. Aber was soll man schon machen bei einer über 30 Mann und Frau starken Theatergruppe. Und auch die musikalische Auswahl, die zum Teil eher von der Handlung abgelenkt, als diese unterstützt hat, bekam diesmal so einiges an Kritik. Aber das ist ja Geschmackssache. Interessant war hingegen das Bühnenbild, in dessen Zentrum das Textbuch „Die Kratzbürstendressur“ sich öffnete und seinen Inhalt preisgab. Aber ob auch jeder Zuschauer tatsächlich erkannt hat, dass „die braunen Türen da“ ein Buch darstellten, bleibt fraglich.
Mir hat es auf jeden Fall mal wieder ziemlich gut gefallen und ich kann überhaupt nicht nachvollziehen, warum nach den Erfolgen der letzten Jahre der Kartenverkauf in diesem Jahr so schleppend voranging. Schämt euch, ihr Kulturbanausen! Filme kann man sich immer angucken! Aber hierfür haben sich unsere Freunde gerade in der Woche vor der Aufführung ziemlich abgerackert und musste auch einiges an harter Kritik schlucken, aber das Resultat war letztendlich mal wieder Spitze! Hut ab! ©Sarah Lietz